Ein wesentliches Unternehmensziel ist es, wirtschaftlich zu handeln und zu produzieren. Ein gleichberechtigtes Ziel sollte sein, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Seit 1996 gilt in Deutschland das Arbeitsschutzgesetz; dieses Gesetz ist für alle Arbeitgeber verbindlich und verpflichtend umzusetzen.
Aber wie verhält es sich mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz im Homeoffice? Wie sieht es mit den allgemeinen Informations- und Dokumentationspflichten aus? Auf diese Fragen und gesetzlichen Forderungen dürfen praktikable Lösungen und Antworten gefunden werden. Arbeitgeber werden auch bei der Gestaltung der Arbeitsplätze im Homeoffice in die Pflicht genommen. Ein Unternehmer kann es nicht dem Arbeitnehmer überlassen, sich selbst um die Einrichtung beziehungsweise Gestaltung des Arbeitsplatzes zu kümmern, sondern hat dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auch hier eingehalten werden.
Auf den folgenden Seiten erhalten Unternehmer einen Überblick, was zu beachten ist und wie man die Umsetzung in der Praxis handhaben kann. Wir beleuchten diese Punkte ausführlicher:
- Grundpflichten des Arbeitgebers: die Organisation des Arbeitsschutze
- Die Gefährdungsbeurteilung
- Konkrete Maßnahmen
- Unterweisung der Mitarbeiter
- Dokumentationspflichten
1. Organisation des Arbeitsschutzes
Der erste Schritt: Um den Pflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen nachzukommen, ist es zunächst einmal erforderlich, eine entsprechende Organisationsstruktur aufzubauen. Diese ist relevant, um die Rechtskonformität zu wahren und um Haftungsfragen zu minimieren.
- Erstellen Sie ein Organigramm Ihres Unternehmens, in dem alle Verantwortlichkeiten und Zuständigkeitsbereiche bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aufgelistet sind. Wer macht was? Wer ist für was verantwortlich? Berücksichtigen Sie bei den Zuständigkeiten auch die Ausbildungsabteilung sowie Hilfs- und Unterstützungskräfte.
- Binden Sie bei der Erstellung des Organigramms unbedingt alle Führungskräfte und Mitarbeiter ein.
Ist das Organigramm erstellt, informieren Sie Ihre Führungskräfte und Linienverantwortliche über deren Pflichten im Arbeits- und Gesundheitsschutz und teilen Sie Ihren Mitarbeiter mit, welche gesetzlichen Mitwirkungspflichten sie haben.¹ Bitte beachten: Unternehmerpflichten können übertragen werden, jedoch ist der Unternehmer dafür verantwortlich, zu kontrollieren, ob die übernommenen Pflichten auch ausgeführt werden.² Bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern dürfen zudem Sicherheitsbeauftragte bestellt werden, die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten ist zu errechnen.³
2. Die Gefährdungsbeurteilung
Ein Unternehmen ohne Gefährdungsbeurteilung zu führen, ist wie Autofahren ohne Führerschein! Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für alle späteren Handlungen im Arbeits- und Gefährdungsschutz.
Das Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es, Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhindern. Es geht außerdem darum, eine menschengerechte Gestaltung der Arbeit zu gewährleisten und umzusetzen. Wir betrachten hier nur die prospektive Art, also die vorausschauende Gefährdungsbeurteilung, da diese gerade bei Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen wichtig ist.
Der Gesetzgeber hat vorgeschrieben:⁵
- Der Arbeitgeber hat mit einer Gefährdungsbeurteilung die Arbeitsbedingungen sowie die Gefährdungen zu ermitteln, die auf die Beschäftigten einwirken können.
- Darauf aufbauend hat er abzuleiten, welche Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie welche Maßnahmen nach weiteren Forderungen, etwa aus dem Mutterschutzgesetz, erforderlich sind.
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu treffen, sie umzusetzen und zu kommunizieren, um die Gefahr von Kommunikations- und Koordinierungsmängeln entgegenzuwirken.⁶
- Der Arbeitgeber hat die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin regelmäßig zu prüfen.
Welchen Nutzen haben Sie von der Gefährdungsbeurteilung?
- Unternehmer aber auch Führungskräfte kommen ihrer durch das Gesetz auferlegten Fürsorgepflicht nach.
- Unternehmer aber auch Führungskräfte erhalten ein weiteres Instrumentarium zum Führen des Unternehmens an die Hand.
- Der Schutz für die Beschäftigten wird erhöht und gezielt gefördert.
- Die Gefährdungsbeurteilung zeigt wesentliche Gesetze, Verordnungen und Regeln auf, die umgesetzt werden sollen.
- Das Thema Unterweisung sowie das Thema Betriebsanweisungen wird geklärt.
- Weiterer Vorteil: Bei einer ISO-Zertifizierung wird eine Risikoanalyse gefordert. Die Gefährdungsbeurteilung ist eine Risikoanalyse mit Schutzzielen und Maßnahmenkatalog im Arbeits- und Gesundheitsschutz.
- Viele weitere Gesetze und Verordnungen sowie Technische Regeln bauen auf einer Gefährdungsbeurteilung auf, etwa die Betriebssicherheitsverordnung, die Arbeitsstättenverordnung oder die Technischen Regeln für Betriebssicherheit, um nur einige zu nennen.
Das Arbeitsschutzgesetz und die Arbeitsstättenverordnung beinhalten zahlreiche Vorschriften zur Gestaltung des Arbeitsraumes und des Arbeitsplatzes – und diese gelten natürlich auch für das Homeoffice. Zu beachten sind hier insbesondere:
- Die erforderlichen Maßnahmen für den Arbeitsschutz (§ 3 ArbSchG)
- Die Gestaltung des Arbeitsplatzes, so dass die Gefährdung für Leib und Leben ausgeschlossen wird (§ 4 Nr. 1 ArbSchG)
- Die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes (§ 3 ArbStättV)
- Konkrete Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen (Nr. 6 des Anhangs zur ArbStättV)
Hat ein Unternehmer nicht die fachliche Kompetenz zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung, ist er verpflichtet, sich unterstützen zu lassen. Diese Hilfe kann durch interne Ansprechpartner (etwa Führungskräfte, Sicherheitsbeauftragte, Betriebsrat, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsarzt) oder durch externe Fachkräfte (etwa Fachberater der Unfallversicherungsträger, Gewerbeaufsicht, Beratungsunternehmen, Brandschutzbeauftragte, Gefahrgutbeauftragte) geleistet werden.
Besonders eine Fachkraft für Arbeitssicherheit kann betriebsintern eine große Hilfe sein. Wichtig ist aber, dass der Unternehmer weiter für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich bleibt! Hierzu noch eine Anmerkung: Laut DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ ist die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung keine Tätigkeit der sogenannten Grundbetreuung durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Wann muss eine bestehende Gefährdungsbeurteilung angepasst werden?
Gefährdungsbeurteilungen dürfen grundsätzlich bei allen relevanten Veränderungen von Prozessen, bei der Änderung von Tätigkeitsabläufen, beim Personalwechsel oder wenn Arbeitsmittel, Maschinen oder Anlagen neu beschafft werden, angepasst werden. Gerade beim Wechsel von der Arbeitsumgebung eines Büros in das Homeoffice empfiehlt es sich, die Gefährdungsbeurteilung auf den Prüfstand zu stellen.
Im Homeoffice hat der Arbeitsgeber insbesondere die Gefährdungen zu beachten, die sich aus dem Arbeitsplatz selbst oder aus der Nutzung der eingesetzten Geräte ergeben.
1 ASiG § 13
2 BGH St. 19 286, 288, Schmidt-Salzer, Joachim: Produkthaftung Bd. 1, RdNr. 1.212
3 SGB VII § 22
4 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information 215-410
5 ArbSchG §§ 3 und 5
6 Frisch, Wolfgang: Tatbestandsmäßiges Handeln und Zurechnung zum Erfolg, 1988, S. 210 ff.
7 BGHM Information 102 – Beurteilung von Gefährdungen und Belastung
Zum Autor:
Alexander Glöckler ist Geschäftsführender Gesellschafter im Familienunternehmen. Sein Kernbereich ist die Unternehmensberatung, hier unterstützt Alexander Glöckler Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen mit unterschiedlichen Betriebsgrößen in den Fachdisziplinen Arbeitsschutzmanagement und Qualitätsmanagement, aber auch bei den Themen Prozess- und Rüstoptimierung sowie bei der Planung von Vorrichtungen und Spannmitteln. Alexander Glöckler ist außerdem Trainer und Dozent bei der IHK in den Fachdisziplinen Arbeitsschutz und Qualitätsmanagement. Zudem ist er Fachbuchautor und Herausgeber von Fachbüchern im Arbeitsschutz.
Kontakt:
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