Material für künftige Quantencomputer

Messung mit dem 4-Spitzen-Rastertunnelmikroskop Copyright: Forschungszentrum Jülich / Vasily Cherepanov

Messung mit dem 4-Spitzen-Rastertunnelmikroskop
Copyright: Forschungszentrum Jülich / Vasily Cherepanov

Physikern des Forschungszentrums Jülich ist ein wichtiger Schritt hin zur Realisierung neuartiger elektronischer Bauelemente geglückt. Sie konnten mithilfe eines speziellen Vierspitzen-Rastertunnelmikroskops erstmals die außergewöhnlichen elektrischen Eigenschaften messen, die in ultra-dünnen topologischen Isolatoren bestehen. Diese resultieren daraus, dass der Elektronen-Spin an die Stromrichtung gekoppelt ist, was eine Voraussetzung für den Einsatz in einem topologischen Quantencomputer ist.

Die hohe Fehleranfälligkeit der Quantenbits, kurz Qubits, sind eine der Haupthürden beim Bau praktisch nutzbarer Quantencomputer. Sogenannte topologische Quantencomputer gelten als elegante und aussichtsreiche Lösung für dieses Problem. Die empfindlichen Quanteninformationen werden in einem solchen Rechner durch die Wahl bestimmter Materialien besonders gut gegen Fehler geschützt. Das Konzept existiert bislang jedoch größtenteils nur auf dem Papier. Die Suche nach einem Materialsystem mit den passenden Eigenschaften ist noch in vollem Gange.

Die Idee eines topologischen Quantencomputers beruht auf dem Einsatz topologischer Isolatoren. Dabei handelt es sich um eine neuartige Materialklasse mit ganz besonderen Eigenschaften: Die Materialien verhalten sich in ihrem Inneren wie ein Isolator, leiten dort also keinen Strom, ihre Oberfläche ist jedoch leitfähig. Die Bewegungsrichtung ist dabei streng an den Spin der Elektronen gekoppelt.

Interessant für Quantencomputer und Spintronik

Ein Spezialfall sind die erst vor einigen Jahren entdeckten 3D topologischen Isolatoren. Diese sind, wenn man sie sich als Würfel vorstellt, an allen sechs Seiten leitfähig. Die Leitfähigkeit an der Oberfläche nimmt jedoch ab, wenn man die 3D-Isolatoren immer dünner und dünner macht, wie Forscher des Jülicher Peter Grünberg Instituts für Quantum Nanoscience nun zeigen konnten. Was schließlich übrig bleibt, ist eine dünne, nur wenige Nanometer dicke Schicht mit vier leitfähigen Kanten, an denen elektrischer Strom weiterhin spingerichtet fließt.

Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften sind die ultradünnen topologischen Isolatoren interessante Materialien für Anwendungen in der Spintronik – also für die Entwicklung von Bauelementen und Bauteilen, die den Elektronenspin für die Verarbeitung und Speicherung von Informationen nutzen. In Kombination mit Supraleitern könnten sie zudem geeignet sein, weitere, noch exotischere Effekte zu realisieren, welche in topologischen Quantencomputern eingesetzt werden können.

Nachweis mit „Nano-Multimeter“

Für ihre Messungen nutzten die Forscher ein spezielles Rastertunnelmikroskop mit vier Spitzen. Das am Forschungszentrum Jülich entwickelte Instrument ermöglicht es, elektrische Messungen unter hochreinen Bedingungen an extrem kleinen Strukturen durchzuführen. Bei der aktuellen Studie kam außerdem eine neue Methode zum Einsatz, welche die Positionierung der Messspitzen mit einer Genauigkeit von wenigen Nanometern noch exakter macht.

Die Forscher konnten mithilfe des „Nano-Multimeters“ zum ersten Mal nachweisen, dass sich die nanoskaligen elektrischen Eigenschaften der Dünnfilme wie theoretisch vorhergesagt verhalten. Die Beobachtung ist wichtig für ein tieferes Verständnis der topologischen Isolatoren und entscheidend für deren weitere Entwicklung mit Blick auf potenzielle Anwendungen.

Weitere Informationen: https://www.fz-juelich.de/pgi/pgi-3/EN/Groups/MultiSTM/_node.html

Speichere in deinen Favoriten diesen permalink.