Organische Photovoltaik

Dr. Diana Freudendahl, Stefan Reschke, Dr. Ramona Langner, Jürgen Kohlhoff

Innovative Lösungen zur Verwirklichung der Energiewende sind fortwährend gefragt, wobei insbesondere mit der Photovoltaik bereits 5,3% des Nettostromverbrauchs in Deutschland gedeckt werden (Stand 2012). Damit gilt sie als äußerst zukunftsträchtige Technologie. Silizium- und andere Halbleiter-basierte Solarzellen zeigen mittlerweile sehr gute Wirkungsgrade (um die 20%) und sind bereits seit Jahren im Massenmarkt vertreten. Parallel dazu werden aktuell zudem enorme Fortschritte bei der Entwicklung organischer Photovoltaik (OPV) erzielt, einer Dünnschichttechnologie der 2. Generation. Dabei werden kleine organische Moleküle oder Polymere, die Halbleitereigenschaften aufweisen, für die Energiegewinnung genutzt. Die sehr leichten und flexiblen OPV-Zellen können mit einem vergleichsweise geringen Energieaufwand gefertigt werden, wobei die für die Herstellung benötigen Produktionsanlagen in der Regel keine aufwändige Infrastruktur benötigen.

Organische Solarzellen funktionieren nach einem Prinzip, das dem der herkömmlichen Solarzellen ähnelt. Im Gegensatz zu Silizium-basierten Systemen werden bei organischen Solarzellen zwei verschiedene organische Halbleiter benötigt, die im einfachsten Fall in zwei dünnen Schichten übereinander gelagert werden, sogenannte Donor-Akzeptor-Paare (D/A-Paare). Durch Lichteinfall werden Elektronen (bzw. Elektronen-Loch-Paare) mobilisiert. Diese können dann als freie Elektronen über eine sehr kurze Strecke (ca. 10 Nanometer) diffundieren und vom organischen Akzeptor-Material (A) aufgenommen werden.

Aktuelle Systeme besitzen, aufgrund der benötigten sehr kurzen Übergangsdistanz, ineinander verschränkte Schichten aus Polymeren und/oder kleinen Molekülen oder es handelt sich um Mischungen von zwei Halbleiter-Polymeren, sogenannte „Bulk Heterojunctions“ (BHJ). Als Donor-Materialien werden konjugierte Polymere wie z.B. Polythiophen oder bestimmte Arten kleiner organischer Moleküle eingesetzt, deren Strukturen das Herauslösen eines Elektrons mit Hilfe von Lichtquanten erlauben. Andere Moleküle, wie z.B. das Fulleren C60, werden hingegen als Akzeptormaterial eingesetzt, da sie bevorzugt freie Ladungsträger aufnehmen und stabilisieren können. Der lichtinduzierte elektrische Strom kann, analog zur Silizium-basierten Technik, an den Außenflächen der D/A-Schicht mit Hilfe von Elektroden abgeführt und für elektrische Arbeit genutzt werden.

Ein sehr häufig verwendetes transparentes Elektroden-Material für Anoden ist Indium-Zinn-Oxid (ITO/Indium-Tin-Oxide), was jedoch insbesondere im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und Ressourceneffizienz von Nachteil ist. Daher wird derzeit in größerem Umfang an Alternativen wie z.B. elektrisch leitenden Polymermischungen, Polymer/Metall-Mischungen, Kohlenstoffnanoröhren oder Graphen als Elektroden-Material geforscht. Für das direkt auf den Träger aufgebrachte Kathoden-Material werden häufig Metalle wie beispielsweise Aluminium verwendet, wobei als Trägermaterial für die Solarzellen zumeist flexible Kunststofffolien, zum Beispiel aus Polycarbonat, genutzt werden.

OPV können sowohl halbtransparent als auch eingefärbt gefertigt werden, was insbesondere ihre Leistung bei schwachem oder gestreutem Licht kaum beeinflusst. Bedingt durch relativ einfache Herstellungsprozesse ist es voraussichtlich in der Zukunft auch möglich, die Form und eventuell Farbgebung der OPV direkt an Kundenwünsche anzupassen und so ästhetische Aspekte zu berücksichtigen.

Von Nachteil sind die derzeit noch vergleichsweise geringeren Wirkungsgrade (experimentell max. 12%) gegenüber herkömmlichen Solarzellen und die beschränkte Langzeitstabilität der Kunststoff-Solarzellen. Kurzfristig können geringere Wirkungsgrade durch Nutzung entsprechend größerer Flächen ausgeglichen werden, was aufgrund niedrigerer Herstellungskosten realisierbar wäre. Die bisher angenommenen theoretischen Wirkungsgrade von 10-12% der OPV wurden erst kürzlich neu bewertet und könnten danach bis zu 24% betragen. Das drängendste Problem stellt somit die Langzeitstabilität der Kunststoff-basierten Systeme dar, deren Lebensdauer aktuell nur wenige Jahre beträgt und deren Alterung durch Sonnenbestrahlung, Hitze, Sauerstoff und Wasser verstärkt wird. Durch Ausschluss von Feuchtigkeit und Sauerstoff konnten bereits Verlängerungen der Lebensdauer auf bis zu 15 Jahren erreicht werden. Positive Entwicklungen in beiden Bereichen können aufgrund laufender intensiver Forschungsbemühungen erwartet werden.

Organische Solarzellen aus kleinen Molekülen können zukünftig mit Hilfe von sehr kostengünstigen Druckverfahren wie zum Beispiel Rolle-zu-Rolle hergestellt werden, ohne dass ein Vakuum nötig wäre. Um eine bessere Kontrolle der Morphologie von BHJ aus flüssigen Rohmaterial-Lösungen zu erhalten wurden bereits erfolgreich verschiedene Additive zugesetzt. Am Übergang vom Labormaßstab zur Massenproduktion unter Erhaltung der erzielten guten Wirkungsgrade wird derzeit intensiv gearbeitet. Makromolekulare Polymerverbindungen können leichter im Labormaßstab z.B. mit Hilfe des Spin-Coating-Verfahrens hergestellt werden. Dabei werden die in Lösung befindlichen Substanzen durch Rotation in sehr dünnen und gleichmäßigen Schichten aufgebracht. Im Allgemeinen ergibt sich eine Schichtdicke von lediglich einigen 100 nm.

Die vielfältigen Eigenschaften der OPV eröffnen auch Einsatzmöglichkeiten in neuen Anwendungsgebieten. So ist in den kommenden Jahren mit einer weiteren Verbreitung benutzerfreundlicher Systeme, besonders im Kleingerätebereich, zu rechnen. Organische Solarzellen sind bereits für kleine tragbare Geräte mit einem geringen Energieverbrauch auf dem Markt, wie beispielsweise Module für Batterieladegeräte oder Laserpointer. Angedacht sind außerdem Anwendungen wie z.B. in Bekleidungsstoffe integrierte OPV zur Energieversorgung von Mobiltelefonen, MP3-Playern und Taschenlampen. Zudem wären ähnliche Gewebe zur Stromversorgung von Zelten denkbar, die auf diese Weise mit LED-Beleuchtung und Heizung ausgestattet werden können. Die rasche Steigerung der Effizienzraten in den letzten Jahren und die weiter verbesserten Herstellungsverfahren machen mittelfristig auch großflächigere und bisher für unmöglich gehaltene Anwendungsfelder denkbar. Hierbei kann man sich Sonnenterassen, Gebäudefassaden und Fenster mit integrierten Solarzellen vorstellen. Langfristige Visionen beinhalten beispielsweise verkleidete Gebäude, die die gewonnene Energie ins allgemeine Stromnetznetz abfließen lassen können, wobei für großflächige Module Wirkungsgrade von >10% und eine Lebensdauer von mindestens 10 Jahren angestrebt werden.

*Fraunhofer Institut für
Naturwissenschaftlich-Technische
Trendanalysen
Appelsgarten 2, 53879 Euskirchen
berichtet in jeder Ausgabe exklusiv
über Werkstofftrends

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