Vom Abfall zum Rohstoff: Neues Verfahren zum Recycling kritischer Metalle

Professor Bernd Friedrich (rechts) und Doktorand Joao Weiss mit ausgemusterten Computer-Platinen.

Professor Bernd Friedrich (rechts) und Doktorand Joao Weiss mit ausgemusterten Computer-Platinen.

40. Vierzig! So viele unterschiedliche Metalle sind in normalen Platinen, wie sie in Computern oder Smartphones benötigt werden, verbaut. Einige dieser Metalle, wie Gold oder Kupfer, können relativ einfach durch Erhitzen im Ofen recycelt werden. Für die überwiegende Mehrheit sieht das aber völlig anders aus: Sie landen in der sogenannten „Schlacke“, bestenfalls wird diese Masse noch für den Straßenbau verwendet, oftmals landet sie direkt auf der Deponie. Seit nunmehr 26 Jahren beschäftigt sich Professor Bernd Friedrich, Leiter des Instituts für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME) der RWTH, mit dem Recycling und der Kreislaufwirtschaft. Wertvolle Stoffe, die auf der Deponie landen, sind ihm ein Gräuel, und wenn es, wie bei der Schlacke, auch noch „kritische Metalle“ sind, umso mehr. Kritisch bedeutet, dass die Rohstoffe zum einen von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind, zum anderen aber entweder sehr selten sind oder eben aus politisch instabilen Regionen stammen, die zukünftige Versorgung also unsicher ist.

Letzteres gilt für Tantal, das Metall stammt zu einem großen Teil aus der Demokratischen Republik Kongo, ein Land, in dessen Osten Bürgerkrieg herrscht, viel wird auch in China gekauft. Tantal ist beispielsweise in den Kondensatoren von 5G-Smartphones verbaut. Noch landet es am Ende des Lebenszyklus´ eines Smartphones mit mehr als 30 anderen Metallen in der Schlacke. Ein deutschlandweites Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das unter anderem von der RWTH koordiniert wird, könnte das ändern, auch Tantal soll rückgewonnen werden. Bislang werden beim Recyceln die geschredderten Platinen im Ofen stark erhitzt, edle Metalle wie Gold, Kupfer, Silber, Blei oder Zinn setzen sich aufgrund ihrer hohen Dichte am Grund des Ofens ab, alles Unedle wird zur Schlacke. Der gleiche Effekt kann in jedem Haushalt beobachtet werden, wenn Wasser mit Speiseöl vermischt wird – das Öl setzt sich oben auf dem Wasser ab. In der Schlacke finden sich neben den bekannten seltenen Erden eben auch weitere kritische Metalle wie das Tantal, für die es bislang keine Rückgewinnungskonzepte gibt.

Bislang. Denn die Forschenden haben einmal ganz genau hingeschaut, was in der Natur passiert. Wenn sich über 1000 Grad heißes Magma sehr langsam abkühlt, bildet es Kristalle, „was wir jetzt versuchen, ist, die Natur zu kopieren“, erläutert Professor Friedrich. Nun haben die Forschenden, anders als die Natur, nicht ein paar tausend Jahre Zeit, dennoch ist ihr Verfahren geeignet, aus Schlacke Mineralien zurückzugewinnen. Die Schlacke wird dazu auf rund 1400 Grad erhitzt, so dass sie dünnflüssig ist. Dann wird eine an der RWTH entwickelte Ofentechnik genutzt, um die Schlacke bei der Temperatur zu halten, mit verschiedenen Zusätzen, sogenannten Additiven, zu versehen und dann über Rinnen in eine Anlage zu bringen, in der die Schlacke nur sehr langsam abkühlt. „Bei dieser Abkühlung entstehen nun Kristalle, in denen sich die kritischen Metalle besonders wohlfühlen“, erläutert Bernd Friedrich. Diese Kristalle können jetzt in einem gesonderten Verfahren vom wertlosen Rest abgetrennt werden. Welche Additive sich besonders gut eignen, welches Verfahren der Abkühlung am geeignetsten ist – all´ das untersucht Joao Weiss aus dem Team von Professor Friedrich in seiner Doktorarbeit.

Das so entwickelte Verfahren wenden die Aachener Forschenden derzeit neben dem Tantal auch bei Lithium an, entscheidend für das Batterie-Recycling. Aktuell arbeiten Professor Friedrich und sein Team an der Effizienz und Skalierbarkeit dieses Verfahrens, also der Frage, ob und wie es sich in großem Maßstab einsetzen lässt. Denn auch wenn die Forschenden „sehr zufrieden“ mit dem Zwischenstand und auch bereits sehr weit in der wissenschaftlichen Deutung sind, ist es noch ein weiter Weg bis zur praktischen wirtschaftlichen Umsetzung. Doch auch hier sind die Metallurgen bereits aktiv: In Kürze wird gemeinsam mit einem Partner aus der Industrie ein Transferprojekt beantragt, um genau diesen nächsten Schritt zu gehen.

Weitere Informationen: https://www.metallurgie.rwth-aachen.de

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