Weiche Materialien für intelligentere Roboter

Viskoelastische Polymere verhalten sich sowohl wie ein Festkörper (elastisch) als auch wie eine Flüssigkeit (viskos). Das eröffnet neue Perspektiven für Medizintechnik und Industrie.Bild: Universität Stuttgart / Jan Potent

Viskoelastische Polymere verhalten sich sowohl wie ein Festkörper (elastisch) als auch wie eine Flüssigkeit (viskos). Das eröffnet neue Perspektiven für Medizintechnik und Industrie.
Bild: Universität Stuttgart / Jan Potent

Soft Robots, Robotersysteme aus weichen Materialien, eröffnen neue Perspektiven für Medizintechnik und Industrie. Jun.-Prof. Dr. Aniket Pal von der Universität Stuttgart forscht an viskoelastischen Materialien, mit denen sich intelligente Funktionen in Soft Robots einbetten lassen. Dafür bekommt er im Rahmen des Emmy-Noether-Programms Fördermittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro.

„Dank der Förderung können wir unsere Forschung deutlich ausbauen“, sagt Pal. Der 33-Jährige leitet am Institut für Mechanik eine Arbeitsgruppe für Soft Robot Mechanics. „Wir forschen auf einem noch ziemlich jungen Gebiet. Wir entwickeln Mechanismen, die sich abhängig von der Geschwindigkeit einer Krafteinwirkung verformen können. Sie lassen sich für Soft Robots nutzen.“

Viskoelastische Materialien für Soft Robotics

Im Gegensatz zu herkömmlichen Robotern aus Stahl, Aluminium oder Hartplastik setzen Soft Robots auf weiche Materialien. Diese Materialien beruhen auf geeigneten Polymeren. Konkret forscht Aniket Pals Team an viskoelastischen Polymeren. Sie weisen bei Verformung sowohl elastische als auch viskose Eigenschaften auf: Sie verhalten sich sowohl wie ein Festkörper (elastisch) als auch wie eine Flüssigkeit (viskos). Ihr mechanisches Verhalten hängt dabei davon ab, wie lange und wie schnell eine Kraft einwirkt. Die Geschwindigkeit der Krafteinwirkung bestimmt, welches Verhalten dominiert: Bei schneller Belastung zeigen viskoelastische Materialien eher elastisches Verhalten, bei langsamer eher viskoses. Mit dieser Art von Materialien lassen sich weiche Roboter funktioneller und intelligenter machen.

„Bei der Entwicklung kommt es nicht nur auf die Identifikation des passenden Materials an, sondern auf dessen strukturelles geometrisches Design auf Skalen von Millimetern – und auf ein Verständnis der Grauzone zwischen viskoelastischer Verformung und mechanischer Instabilität“, erklärt Pal. Solche gezielt gestalteten Strukturen werden in der Wissenschaft als mechanische Metamaterialien bezeichnet.

Relevant für Medizin und Industrie

Interessant wären solche Mechanismen eines Tages zum Beispiel als schonende – weil weiche – Greifer in der Medizintechnik oder Industrie, aber etwa auch als Knochenimplantate. Selbst verbesserte Schutzhelme wären möglich, weil sie bei einem schweren Aufprall einen großen Teil der Energie schadlos für den Menschen absorbieren könnten.

Wenn Pal und sein Team solche viskoelastischen Materialien experimentell umfassend charakterisiert haben, planen sie, diesen großen Datensatz als Open-Source zur Verfügung zu stellen. Sie wollen zudem analytische und numerische Modelle entwickeln, um die relevanten Strukturen und deren Verhalten beschreiben zu können.

Weitere Informationen: https://www.mib.uni-stuttgart.de/pal/research/

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