Dr. David Offenberg, Dr. Ramona Langner, Jürgen Kohlhoff, Stefan Reschke
Der Laser ist seit Jahren ein etabliertes Werkzeug zur Materialbearbeitung in der industriellen Fertigung und in medizinischen Anwendungen. Bei kontinuierlich emittierenden Lasern und gepulsten Lasern mit Pulsdauern im Mikro- bis Nanosekundenbereich beruht der Materialabtrag in der Regel auf einer starken Erwärmung des absorbierenden Materials, das erst schmilzt und schließlich verdampft. Bei Ultrakurzpulslasern mit Pulsdauern im Bereich von Pikosekunden bis Femtosekunden hingegen erfolgt bei ausreichender Fokussierung ein direkter Phasenübergang des Materials ins Gasförmige. Dadurch bleiben Materialaufschmelzung, Gefügeveränderungen, Phasenumwandlungen und thermische Spannungen im Werkstück auf einen Bereich von wenigen Nanometern begrenzt. So sind Ultrakurzpulslaser nicht nur ein Schlüssel zur Ultrapräzisionsbearbeitung, sondern sie bieten auch völlig neue Möglichkeiten bei der Bearbeitung temperaturempfindlicher Materialien wie z.B. Polymere, metallische Gläser oder menschliches Gewebe.
Ultrakurzpulslaser emittieren Lichtpulse, in denen die Lichtenergie auf extrem kurze Zeiten komprimiert ist, wodurch während des Pulses Lichtleistungen im Megawattbereich erreicht werden. Durch eine entsprechende räumliche Fokussierung lassen sich somit Intensitäten von vielen Gigawatt pro Quadratzentimeter erzielen. Bei derart hohen Intensitäten treten bei der Wechselwirkung von Licht und Materie nichtlineare Effekte auf. Einer dieser Effekte ist die sogenannte Mehr-Photonen-Absorption, die dazu führt, dass sich bei ausreichend hohen Intensitäten nahezu jedes Material abtragen lässt. Dies gilt insbesondere für Femtosekundenlaser. Dabei spielen weder deren Absorption, noch Härte oder Verdampfungstemperatur eine Rolle, und selbst anspruchsvolle Materialien wie Verbundwerkstoffe lassen sich problemlos bearbeiten.
Ein weiterer Vorteil von Ultrakurzpulslasern ist ihre hohe Präzision. Fokusdurchmesser im Mikrometerbereich und der geringe Energieeintrag pro Puls ermöglichen eine räumlich hochaufgelöste Laserablation. Dabei gilt: Je kürzer die Pulsdauer, desto weniger wird das umliegende Material durch den Laserstrahl geschädigt und desto genauer dosiert kann das Material abgetragen werden. Das Ergebnis sind saubere Schnittkanten ohne Gratbildung, so dass eine Nachbearbeitung nicht erforderlich ist. In der Metallbearbeitung reichen in der Regel bereits Nanosekundenpulse, für eine filigranere Bearbeitung benötigt man Pikosekundenpulse und für nichtmetallische Werkstoffe, wie Keramiken, Polymere und viele Verbundwerkstoffe, werden Femtosekundenpulse eingesetzt. Der geringere Materialabtrag bei kürzerer Pulsdauer führt allerdings dazu, dass die Bearbeitung insgesamt länger dauert. Ein Ziel der aktuellen Entwicklungsarbeit an Ultrakurzpulslasern ist daher eine Steigerung der Pulsrepetitionsraten (Anzahl der Laserpulse pro Sekunde). Dadurch steigt die durchschnittliche Leistung und somit der Durchsatz in der Fertigung. Im Labor wurden bereits Femtosekundenlaser mit einer durchschnittlichen Leistung von über 1 Kilowatt demonstriert. Sie haben Pulsrepetitionsraten von 20 Megahertz, Pulsenergien von 55 Mikrojoule und Pulsdauern von 600 Femtosekunden. Kommerziell erhältlich sind heute Femtosekundenlaser mit durchschnittlichen Leistungen von maximal wenigen hundert Watt, die in der Regel mit Ytterbium-dotierten Laserkristallen arbeiten.
Die hohe Präzision von Ultrakurzpulslasern nutzt man beispielsweise zum Bohren und Schneiden von Strukturen im Mikrometermaßstab. So sind z.B. Bohrlochdurchmesser im Bereich einiger 10 Mikrometer bei Bohrtiefen von bis zu 2 Millimeter möglich. Präzisionsbohrungen werden u.a. benötigt in Turbinenschaufeln zur Kühlung oder zur Herstellung von Einspritzdüsen. Ein Anwendungsbeispiel für Pikosekundenlaser aus dem Bereich der Medizintechnik ist das Präzisionsschneiden von Gefäßstützen (Stents) aus dünnwandigen Metallröhrchen (z.B. aus Formgedächtnislegierungen). Hierbei können gratfreie Stege von nur wenigen Mikrometern Breite realisiert werden. In Zukunft könnte man mit Femtosekundenlasern auch Stents aus temperaturempfindlichen, bioresorbierbaren Polymeren fertigen, was mit längeren Laserpulsen nicht möglich wäre, weil dabei die Schnittkanten verschmelzen würden.
Ein anderes Anwendungsgebiet ist das Laserstrahlabtragen zur Herstellung von funktionalen Oberflächen. Mit Hilfe von ultrakurzen Laserpulsen kann man Oberflächen mit Mikrostrukturen versehen, um beispielsweise ihre Benetzbarkeit, ihre optischen oder ihre tribologischen Eigenschaften zu verändern. So lassen sich zum Beispiel gleitende Kontaktflächen von Pumpen oder Dichtungen so strukturieren, dass bewegliche Teile leichter aufeinander gleiten oder sich Schmiermittel gleichmäßiger und feiner verteilen können. Dadurch kann nicht nur der Verschleiß von hochbeanspruchten Komponenten verringert werden, sondern es verbessert sich auch die Leistung bei verringertem Energieverbrauch.
Interessant sind außerdem Anwendungen von Ultrakurzpulslasern zur Herstellung von Strukturen im Volumen von transparenten Materialien. So kann beispielsweise mit einem Femtosekundenlaser der Brechungsindex von Glas durch die hohe Intensität im Brennpunkt des Laserstrahls verändert werden, wodurch sich integrierte optische Komponenten erzeugen lassen, wie Wellenleiter oder optische Gitter. Mit einem Femtosekundenlaser lassen sich aber auch die chemischen Eigenschaften des Materials verändern, z.B. die Empfindlichkeit gegenüber Säuren. Dies ist die Grundlage für das sogenannte selektive laserinduzierte Ätzen. Dabei werden mit einem fokussierten Femtosekundenlaser mikroskalige Strukturen beispielsweise in Glas geschrieben und anschließend die so veränderten Teile des Glases nasschemisch weggeätzt. Auf diese Weise lassen sich Mikrokanäle, Formbohrungen, beliebig strukturierte Bauteile oder bereits zusammengesetzte, komplexe mikromechanische Systeme herstellen.
Ultrakurzpulslaser finden auch vielfältige Anwendungen in der Medizin. Der Femtosekundenlaser hat sich in den letzten Jahren als klingenloses Skalpell in der Augenheilkunde durchgesetzt, z.B. im Rahmen sogenannter LASIK-Operationen zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten. Er vermag Gewebe zu durchtrennen, ohne dabei umliegendes Gewebe zu beschädigen, weil die frei werdende Hitze nur in einen Bereich vordringt, der schmaler ist als eine einzige Zelle. Dadurch erholen sich die Patienten nicht nur schneller, sondern die laserbasierten Eingriffe sind zudem sicherer und liefern bessere Ergebnisse.
In der industriellen Materialbearbeitung setzen sich Femtosekundenlaser bisher nur sehr zögerlich durch, während Pikosekundenlaser schon seit Jahren in Spezialanwendungen etabliert sind. Femtosekundenlaser sind zwar heute schon so ausgereift, dass sie sich für den industriellen Einsatz eignen. Allerdings schränken ihr hoher Preis und die durch die durchschnittliche Leistung begrenzte Prozessgeschwindigkeit die Verbreitung von Femtosekundenlasern bislang noch ein.
*Fraunhofer Institut für
Naturwissenschaftlich-Technische
Trendanalysen
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