Können Hybridtextilien Organobleche ersetzen?

Tankdeckel-Demonstrator

Bild 1: Tankdeckel-Demonstrator

Leichtbau zeichnet sich durch eine Vielzahl an Materialien und Herstellungstechniken aus. Im Bereich Faserverbundwerkstoffe geht der Trend derzeit verstärkt zu thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen und hier vor allem in Richtung Organobleche. Durch die erhöhte Zähigkeit des Organoblechs kann jedoch, insbesondere bei komplexen Strukturen und Geometrien, die spätere Umformung im Werkzeug erschwert werden.

Was wäre nun, wenn ein Textil direkt in das Werkzeug eingelegt werden könnte, ohne vorherige Konsolidierung zum Organoblech?

  1. Die Drapierbarkeit würde erhalten bleiben
  2. Es würden weniger Zwischenschritte benötigt → Zeit- & Kostenersparnis
  3. Die Nachhaltigkeit würde erhöht werden → reduzierter Material- & Ressourcenverbrauch
Bild 2: Halbkugel-Demonstrator

Bild 2: Halbkugel-Demonstrator

Dafür müsste die Matrix jedoch bereits im Textil vorhanden sein. Genau das ist bei Hybridtextilien der Fall. Die Firma Gustav Gerster GmbH & Co. KG, Geschäftsbereich TechTex, ist Produzent von technischen Textilien, unter anderem für den Composite-Bereich und beschäftigt sich bereits seit einer Weile mit Hybridtextilien und deren Herstellung.Im Rahmen einer Masterthesis wurde zudem folgende Forschungsfrage behandelt: „Ist es möglich aus einem Hybridtextil ein Bauteil zu formen, ohne vorausgehende, separate Umwandlung zum Organoblech?“

Während den Versuchen wurden sowohl neue Textilien aus GF/PEI und aus GF/PA entwickelt als auch Bestehende aus GF/PP und GF/PA verwendet. Generell bietet Gerster TechTex Gewebe und Gelege in verschiedenen Breiten aus den Hybridgarnen GF/PP und GF/PA mit einem Faservolumengehalt von 41 % bzw. 46 % an. Vor allem das Drapfix Hybrid bietet sich aufgrund seiner hohen Drapierbarkeit sehr gut für komplexe Umformungen an. Natürlich können aber auch auf Wunsch des Kunden andere Materialien eingesetzt, weitere Hybridgewebe hergestellt oder neue Entwicklungen in diesem Bereich ausgeführt werden.

Um zu überprüfen, ob sich Hybridtextilien als Organoblech-Ersatz eignen, müssen diese während den Versuchen ebenfalls konsolidiert werden. Dabei wurden in Kooperation mit verschiedenen Unternehmen diverse Platten und Demonstratorbauteile (Tankdeckel und Halbkugel) gefertigt. Hier gilt unser Dank auch allen Unternehmen, die uns dabei tatkräftig unterstützt haben!

Die Ergebnisse der Thesis sowie weiterer Versuche zeigen, dass es durchaus möglich ist das Textil direkt ohne vorherige Konsolidierung in das Werkzeug einzulegen und umzuformen. Teilweise sind noch vereinzelte trockene Stellen sichtbar, ansonsten überzeugen die Produkte mit einer glatten Oberfläche und keinerlei Faltenbildung. Ebenso zeigen die Schliffbilder eine vollständige Konsolidierung und Imprägnierung der Fasern. Demzufolge ist es grundsätzlich möglich aus einem Hybridtextil, ohne vorherige Konsolidierung zum Organoblech, ein Bauteil zu formen. Um die Vorteile der kürzeren Zykluszeiten und der damit einhergehenden Zeit- und Kostenersparnis vollständig nutzen zu können, ist jedoch noch eine Optimierung des Prozesses notwendig. Die momentanen Zykluszeiten liegen noch in einem zu hohen Bereich und auch vereinzelt auftretende trockene Stellen sollten gänzlich vermieden werden. Versuchsweise könnte hierfür der Matrixanteil noch etwas erhöht oder die Durchmischung weiter homogenisiert werden. Trotz allem lässt sich resümierend feststellen, dass das Ziel, die Direktumformung umzusetzen, erreicht werden konnte.

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Bild 3: Schliffbild

Im Hinblick auf Hybridtextilien wird Gerster TechTex deshalb die bestehenden Kooperationen weiterführen, ist aber trotzdem weiterhin auf der Suche nach neuen Partnern, um die Versuche in diesem Bereich voranzubringen. Um den Aspekt der Nachhaltigkeit weiter zu erhöhen, steht zudem die Entwicklung eines Leinen-Hybridgewebes an. Ein weiterer Fokus soll auf Hybrid-Tapes gelegt werden, um auch lokale Verstärkungen ohne vorherige Konsolidierung aufbringen zu können.

Sollten Sie nun selbst Interesse an Produkten aus Hybridtextilien haben, weitere Informationen diesbezüglich wünschen oder sich gerne als Partner für Versuche und Direktumformungen zu Verfügung stellen wollen, setzen Sie sich sehr gerne mit uns in Verbindung!

Fa. Gustav Gerster GmbH & Co. KG. Geschäftsbereich TechTex, Annika Muckenhaupt

Weitere Informationen: https://gerster-techtex.com/

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