Polymerwerkstoffe für Batterietechnologien

Dr. Diana Freudendahl, Dr. Heike Brandt, Dr. Ramona Langner

Die zunehmende Elektrifizierung von Lebens- und Arbeitsbereichen erfordert auch eine stetige Weiterentwicklung von Energiespeichern. Eine herausragende Rolle spielen hierbei wiederaufladbare Batterien, da sie die Elektrifizierung vieler Anwendungsbereiche optimieren oder erst ermöglichen, wie z. B. die Verbreitung von tragbarer Unterhaltungselektronik oder die Nutzung elektrisch betriebener Fahrzeuge. Aber auch im Bereich der Energiespeicherung von Strom aus alternativen Energiequellen, wie Photovoltaik und Windkraft, sind sie unverzichtbar. Polymerwerkstoffe sind dabei in Batterien bereits allgegenwärtig und werden als Elektrolyte, Elektrodenbestandteile, Separatoren oder Beschichtungen verwendet. Neben der Optimierung bereits bestehender Batteriesysteme wird jedoch auch an Polymermaterialien mit neuen Funktionalitäten geforscht, um einerseits bereits verwendete Systeme zu verbessern und andererseits neue chemische Zusammensetzungen zu ermöglichen. Idealerweise können solche Polymerwerkstoffe sowohl aus günstigen Ausgangsmaterialien in umweltfreundlichen und ungiftigen Lösungsmitteln hergestellt werden, als auch wichtige Wegbereiter für sehr hohe Energiedichten darstellen. Von aktuellem Interesse sind derzeit insbesondere Entwicklungen im Bereich von Lithium-Ionen (Li-Ionen)- sowie Lithium-Schwefel(LiS)-Batterien, hier können Polymerwerkstoffe entscheidend zur weiteren Entwicklung beitragen.

Mit Silizium-Anoden (Si-Anoden) könnte theoretisch eine zehnfache Verbesserung der Batterieleistung gegenüber Graphit-Anoden in Li-Ionen-Batterien erreicht werden. Allerdings stellt derzeit der Einsatz von Si-Anoden aufgrund der großen Volumenänderungen während der Auflade- und Entladeprozesse, die zu Rissbildungen und somit der Zerstörung der Anode führen, ein Problem dar. Daher ist die Entwicklung elastischer und selbstheilender Polymere (Binder) zur Stabilisierung und zum Schutz von Si-Anoden, die zudem eine hohe Ionenleitfähigkeit aufweisen, von großem Interesse. In der Batterie verbinden solche, in der Regel mit Kohlenstoffpartikeln gefüllte Polymere, das Silizium und den Stromabnehmer an der Elektrode fest miteinander. Forschungsansätze dazu beschäftigen sich mit Polymeren, die den aufkommenden Materialstress während Auflade- und Entladeprozessen kompensieren können und damit, den Elektronen- und Ionenfluss zu verbessern. Beispiele für solche Materialien sind vernetztes Polyvinylidenfluorid (PVDF) oder vernetzte Polyacrylsäure (PAA), deren funktionellen Gruppen chemische Wechselwirkungen der Polymerketten untereinander und mit dem Silizium erlauben. Schwefel-Kathoden (S-Kathoden) in LiS-Batterien dehnen sich ähnlich den Si-Anoden aus. Sie sind jedoch weniger gute elektrische Leiter, weshalb Kohlenstoffpartikel zur Verbesserung der elektrischen Leitung zugesetzt werden müssen. Elektrisch leitfähige Polymere wie Polyanilin, Polypyrrol oder Poly-3,4-ethylendioxythiophen (PEDOT) dienen dabei als Matrixmaterial, um den Schwefel und die Additive zu binden sowie den Stromabnehmer zu fixieren. Gute Ergebnisse konnten kürzlich etwa auch mit Pyridin-funktionalisierten Polymeren erhalten werden.

Anoden aus Lithiummetall (Li-Anoden) stellen aufgrund ihrer extrem hohen theoretischen Kennwerte ein sehr interessantes Elektrodenmaterial für Batterien dar. Allerdings hat die Bildung von Li-Dendriten, also baum- oder strauchartigen Auswüchsen aus der Anode in den Elektrolyten während des Ladevorgangs, die Nutzung solcher Anoden lange verhindert. Zur Kontrolle der Dendritenbildung können jedoch z. B. polymere Feststoffelektrolyte oder spezielle Polymerbeschichtungen für Li-Anoden eingesetzt werden. Polymere Feststoffelektrolyte mit hohem Schubmodul (6 GPa) können ein Vordringen der Dendriten verhindern, allerdings sind solche Feststoffelektrolyte in der Regel schlechte Ionenleiter, weshalb in den letzten Jahren an speziellen Polymerblends geforscht wurde (z. B. Block-Kopolymere aus Polystyrol und Polyethylenglycol). Da die Ionenleitfähigkeit jedoch immer noch unzureichend ist, besteht weiterhin ein hoher Forschungsbedarf. Polymerbeschichtungen von Li-Anoden, die den großen Volumenänderungen des Li-Metalls während des Ladezyklus widerstehen, können als Phasengrenzfläche zwischen der Anode und einem Feststoffelektrolyten dienen. Idealerweise sind diese Beschichtungen sehr dünn und gute Ionen-, jedoch schlechte Elektronenleiter. Die Machbarkeit solcher Beschichtungen konnte zwar bereits mit verschiedenen weichen Polymeren nachgewiesen werden, aber bisher fehlt noch ein grundlegendes Verständnis dafür, wie möglichst effektive Beschichtungen entworfen oder modifiziert werden können.

Neben den Polymeren für die Elektroden werden auch Polymerelektrolyte für Batterien weiterentwickelt. Sie können in feste Elektrolyte und Gel-Elektrolyte unterteilt werden. Beide Arten von Polymerelektrolyten können vergleichsweise günstig und einfach hergestellt, sowie an bereits bestehende Batteriesysteme angepasst werden. Um polymere Feststoffelektrolyte für einen effektiven Li-Ionen-Transport weiter zu optimieren, wird beispielsweise die Verringerung der Glasübergangstemperatur verschiedener Polymersysteme angestrebt. Dies ist unter anderem durch die Modifikation der Seitenketten der Polymere realisierbar, da der Anteil der kristallinen Bereiche reduziert wird. Im Hinblick auf die mechanische und elektrochemische Stabilität des Polymerelektrolyts (auch gegenüber beiden Elektroden) müssen solche Modifikationen jedoch immer sorgfältig abgewogen werden. Feste Polymerelektrolyte können in verschiedenen Formen vorliegen. So kann es sich dabei um Polymere handeln, denen Li-Salze oder spezielle keramische Füllstoffe (Komposit-Elektrolyt-Systeme) zugesetzt sind, oder umgekehrt um Li-Salze, die mit Polymeren stabilisiert sind. Des Weiteren werden auch organische Li-Salze (weiter)entwickelt, die in polymerer Form vorliegen und sich als Elektrolyt eignen. Um die Leitfähigkeit von Polymerelektrolyten (z. B. gegenüber Li-Ionen) zu verbessern, können auch Weichmacher in Form von kleineren organischen Molekülen, organischen Lösungsmitteln oder ionischen Flüssigkeiten eingesetzt werden. Der Transport von Li-Ionen in solchen Gel-Elektrolyten wird dann nicht mehr von den Polymerketten selbst bestimmt, sondern erfolgt bevorzugt über die flüssigen oder gelierten Bereiche des Elektrolyts.

Wie eingangs erwähnt, spielen Polymere in Batteriekonzepten weiterhin eine große und teilweise zunehmende Rolle, nicht zuletzt, weil Polymere aufgrund ihrer Eigenschaften zur Verbesserung der Sicherheit von Batterien beitragen können. Dabei stehen abhängig vom Polymer vor allem thermoresponsive und flammhemmende Eigenschaften im Vordergrund, die ein unkontrollierbares thermisches Durchgehen verhindern können. Feste Polymerelektrolyte mit guten mechanischen Eigenschaften werden zudem als Voraussetzung zur Integration von Energiespeicherfunktionen in strukturelle Bauteile angesehen. Bei der zu erwartenden stetig steigenden Produktion von Batterien werden weiterhin auch die Herstellungskosten von Batterien sowie die Verarbeitbarkeit der eingesetzten Materialien eine große Rolle spielen. Zudem werden Polymerwerkstoffe zukünftig insbesondere bei der weiteren Entwicklung der Li-Ionen- sowie LiS-Batterien von Bedeutung sein.

Fraunhofer Institut für
Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen
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