Landgrebe D., Krüger L., Schubert N., Jentsch E., Lehnert T.
Abstrakt
Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutz, wachsender Energiebedarf, steigende Energiekosten sowie die Erhöhung der Sicherheit bilden den Ausgangspunkt für Forschungstätigkeiten im maritimen Sektor. Im Rahmen des Verbundprojektes »INKOV – Entwicklung innovativer Kolben- und Ventillösungen mit Werkstoffverbunden in Schiffsmotoren« werden metallische Werkstoffverbunde entwickelt und untersucht, durch deren Einsatz in schwerölbetriebenen Großmotoren Stickoxid-Emissionen reduziert werden sollen.
Einleitung
Stetig steigende Ansprüche an Funktionalität und Umweltverträglichkeit innovativer Werkstoffe unserer Zeit erfordern kontinuierlich Neu- und Weiterentwicklungen dieser. So haben beispielsweise die klassischen Stahlwerkstoffe für Hochtemperaturanwendungen im Laufe der vergangenen Jahre ein sehr hohes Entwicklungsniveau erreicht und stoßen zunehmend an ihre Grenzen, wodurch neue Werkstoffe und Bauweisen in den Vordergrund von Forschung und Entwicklung treten. An der Spitze aktueller Materialentwicklungen stehen hybride Werkstoffverbunde, die infolge einer gezielten Kombination unterschiedlichster Werkstoffe, Integrationen in Bereiche ermöglichen sollen, in denen herkömmliche Werkstoffe allein nicht mehr dem Anforderungsprofil genügen. Der Einsatz von optimierten und eigenschaftsangepassten hybriden Werkstoffverbunden führt des Weiteren zu erhebliche Kosten- und Gewichtsvorteile gegenüber Vollmaterialien [1].
Die Bestrebungen im öffentlich geförderten Forschungsprojekt “INKOV“ sind darauf ausgerichtet, hochbeanspruchbare Bauteile aus einem hybriden Werkstoffverbund bei gleichzeitiger Erhöhung der Ressourceneffizienz zu erzeugen. Der Fokus der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit richtet sich explizit auf Komponenten für Großmotoren, die extrem hohen dynamischen, thermischen und korrosiven Belastungen unterliegen. Mit herkömmlichen hochtemperaturgeeigneten und verschleißbeständigen Stahlwerkstoffen sind die einsatzortbedingten Verschleißerscheinung kaum noch zu beherrschen. Im Projekt wird der Ansatz verfolgt, gezielt und lokal begrenzt so genannte Superlegierung auf Nickelbasis durch ausgewählte thermische Fügeverfahren aufzubringen. Somit soll ein Schichtverbund hergestellt werden, der in seinen Eigenschaften bezüglich Warmfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit denen des Vollmaterials aus einer Nickelbasislegierung entspricht. Aktuell stellen deren hoher Preis sowie die zum Teil begrenzte Verfügbarkeit oftmals noch ein Ausschlusskriterium für ihre Integration, trotz der ausgewiesenen Hochtemperatureignung, dar.
Mit dem Einsatz von hybriden Werkstoffverbunden soll deren erhebliches Potential in Bezug auf Festigkeitssteigerung und Hochtemperaturvermögen erschlossen und gleichzeitig verschleißbedingte Stillstandzeiten auf ein Minimum reduziert werden [2].
Um sich den genannten Anforderungen zu stellen, vollzog sich in den letzten Jahren im Bereich der Forschung und Entwicklung, ein rasanter technischer Wandel. Neben Theorie und Experiment zählen nun mehr numerische Simulationen zu einem unverzichtbaren Werkzeug, durch dessen Einsatz Einsparungen von Ressourcen, Verkürzung der Entwicklungszeiten, sowie das vorzeitige Erkennen von möglichen Problembereichen ermöglicht werden. Bisher können Umformprozesse von hybriden Werkstoffverbunden nur eingeschränkt mittels FEM abgebildet werden. Die Verbunde sind durch einen ausgeprägten Eigenschaftsgradienten der Werkstoffe und deren geometrische Abmessungen gekennzeichnet. Eine exakte Definition der Fügeverbindung, als auch der entsprechenden Materialparameter gestaltet sich hierbei oft schwierig.
Ein Ziel des genannten Projektes ist, dass Umformprozesse von hybriden Werkstoffverbunden mittels simulativer Umsetzung durchgeführt werden können und folglich eine Grundlage für Optimierungen in Hinblick auf zu verbindende Materialen, deren Fügeverfahren oder geometrischen Abmessungen geschaffen wird [1, 3].
Stand von Wissenschaft und Technik – hybride Werkstoffverbunde
Für moderne Hochleistungswerkstoffe ist neben Festigkeit und Gewicht besonders die Temperaturbeständigkeit ein Thema, das zunehmend in den Mittelpunkt der Forschung rückt. Um Bauteile für erhöhte Einsatztemperaturen nutzen zu können, liegt der Schwerpunkt vermehrt auf hybriden Werkstoffverbunden auf Basis von Metallen. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft und Technik haben sich in Folge von diversen Untersuchungen, die Verfahren des Verbundgusses, des Verbundschmiedens und des Schweißens zur Verbundherstellung etabliert. Verbundgießen ist eine Fertigungstechnologie, bei der die zu verbindenden Werkstoffe entweder auf Grund einer Reaktion zweier flüssiger Phasen, oder durch eine Festkörperreaktion mit einem flüssigen Medium verbunden werden. Vorteil derartiger Systeme ist, dass sie in nur einem Prozessschritt erzeugt werden können. Daneben lassen sich rein metallische Werkstoffverbunde durch Verbundschmieden herstellen. Dies gewährleistet eine form-, stoff- und / oder kraftschlüssige Verbindung der beiden Metalle, die parallel zur bildsamen Formgebung generiert wird. Schweißen ist das Vereinigen von Werkstoffen unter Anwendung von Wärme und / oder Kraft, wodurch es zu einer unlösbaren Verbindung des Grundwerkstoffes unter Einwirken thermischer Energie und eines Zusatzwerkstoffes kommt. Die beiden Werkstoffe werden in einen flüssigen Zustand überführt und bilden nach dem Erstarren eine festanhaftende Verbindung [4].
Die Problematik bei Verbundschmiedevorgängen besteht in den unterschiedlich zu fügenden Werkstoffen und den somit stark voneinander abweichenden Werkstoffeigenschaften. Als größte Herausforderung bei hybriden Verbunden stellten sich die Temperaturen dar. So muss beispielsweise der Mantelwerkstoff auf seine Umformtemperatur gebracht werden, während das Kernmaterial eine gewisse Temperatur nicht übersteigen darf [5]. Seitdem die prinzipielle Machbarkeit von Umformvorgängen mit Werkstoffverbunden nachgewiesen werden konnte, wurden zunehmend spezifische Verbunde untersucht. Bezogen auf ihre Einsatzeigenschaften rückten Superlegierungen in den Fokus, an denen seit ihrer Einführung großes Interesse an der Erforschung ihrer Eigenschaften besteht. Eine der im Verbundprojekt „INKOV“ untersuchten Nickelbasislegierung ist René 41. Eine Nickelbasislegierung die vor mehr als 55 Jahren entwickelt wurde und im Laufe der Zeit in einer Vielzahl an Arbeiten untersucht wurde. Die Kenntnis des Verhaltens von Nickelbasislegierungen als Teil eines Verbundhalbzeuges ist nicht nur von grundlegendem werkstoffwissenschaftlichem Interesse, sondern auch von großer Bedeutung für Hochtemperaturanwendungen [6, 7].
Prozessentwicklung
Die klassischen Werkstoffe für Hochtemperaturanwendungen, wie Titan- und Nickellegierungen, haben im Laufe der letzten Jahrzehnte ein hohes Entwicklungsniveau erreicht. Heute stehen hybride Werkstoffverbunde an der Spitze der Materialentwicklungen.
Ausgewählte Werkstoffe und Fügeverfahren
Im Verbundprojekt lag der Fokus auf einem Verbund zweier Metalle, einem klassischen Vergütungsstahl und einer Hochtemperaturlegierung. Für die Untersuchungen wurde der Vergütungsstahl 42CrMo4 (1.7225) und die Nickelbasislegierung René 41 gewählt. Für eine grundlegende Charakterisierung wurden beide Materialien mittels eines Glimmentladungsspektrometers (GDOES) hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung untersucht und mit den standardisierten Werten abgeglichen. Um einen Verbund aus den genannten Materialien effektiv einsetzen zu können, ist eine stoffschlüssige Verbindung beider Materialien unabdingbar. Diese ist sowohl aus Gründen der Wärmeleitung als auch aus konstruktiver Sicht vorteilhaft. Die entstehende Übergangszone zwischen den beiden Werkstoffen muss duktil genug sein, um bei der sich anschließenden Warmumformung defektfrei zu bleiben. Der angestrebte Verbund soll durch einen definierten Zusatzwerkstoffauftrag erfolgen. Der Schweißzusatzwerkstoff, wird in Raupen ein- bzw. mehrlagig aufgebracht. Im Prozess selbst ist eine möglichst feinschuppige Oberfläche anzustreben, um Schmiedefehler bereits zu Beginn auszuschließen. Im Laufe des Projektes wurden die Verfahren Wolfram-Inertgasschweißen, Metall-Aktivgasschweißen, Laser- und PTA-Auftragsschweißen für den Fügeprozess auf ihre praktische Anwendung hin untersucht. Am geeignetsten haben sich die Verfahren des PTA-Auftragsschweißen sowie das Laser-Auftragsschweißen herausgestellt. Das PTA-Verfahren bietet die Möglichkeit sehr breite Schweißraupen aufzubringen, was die Anzahl von eventuell defektbehafteten Überlappungen reduziert und eine relativ dicke Schicht mit nur einer Lage aufgebracht werden kann. Beim Laser-Auftragsschweißen hingegen können sehr feine Schweißraupen erzeugt werden, wodurch die Aufschmelzung des Grundwerkstoffs über den Energieeintrag präzise reguliert werden kann.
Grundlagenversuche
Die Grundlagenversuche, als Vorstufe zum Realbauteil (Demonstrator), splitten sich in einen simulativen und einen experimentellen Teil. In den numerischen Analysen lag der Hauptschwerpunkt auf dem rechnerischen Nachweis der gemeinsamen fehlerfreien Umformbarkeit der thermisch gefügten Werkstoffverbunde. Betrachtet wurde hierbei der Einfluss der Prozessparameter Temperatur und Umformgeschwindigkeit in Bezug auf das Umformergebnis sowie die zur Umformung notwendigen Kräfte. Die Validierung der simulativ ermittelten Ergebnisse erfolgte in Realversuchen. Abschließend wurden zum einen die Mikrostruktur der Werkstoffe, deren Umformverhalten mittels Stauchversuch sowie die Haftfestigkeit der Verbunde in verschiedenen Probenzuständen über Scherversuche bewertet. Im weiteren Verlauf der Arbeiten sollte in entsprechenden Versuchsserien eine eine optimale Technologie gefunden werden, um die Werkstoffverbunde trotz ihrer extrem unterschiedlichen Wärmebehandlungsrouten in ihrer Festigkeit anzuheben. Der Festigkeitsnachweis erfolgte ebenfalls über Stauch- und Scherversuche. In Bezug auf Effizienz zählen numerische Simulationen nunmehr als eine Schlüsseltechnologie. Die bestehenden Herausforderungen bei Umformsimulationen des Verbundes sind sehr vielseitig, so erfordern sie Eingangsgrößen wie Temperatur, von Verformungsgrad und -geschwindigkeit abhängige Fließkurven als auch wirkende thermische und mechansiche Lasten. Den Werkstoffen und ihrer Verbindung zueinander wird bei der Abbildung des Umformens, im vorliegenden Fall ein besonders hoher Stellenwert zu Teil, da das Verhalten während der Umformung möglichst realitätsnah beschrieben werden soll. Einflüsse wie die Temperatur, die Umformgeschwindigkeit und das Verhalten der beiden Werkstoffe zueinander müssen ausreichend Beachtung finden. Die Werkstoffkennwerte des eingesetzten Vergütungsstahls 42CrMo4 wurden aus der hinterlegten Materialdatenbank gewählt und dem entsprechenden Grundkörper zugewiesen. Für die Nickellegierung René 41, wurde basierend auf den Daten von Pan et al. [6] ein Werkstoffmodell erstellt. Die Modellierung der Beschichtung des Vergütungsstahls erfolgte vereinfacht über die Definition einer Haftbedingung zwischen beiden Werkstoffen. Eine derartige Bedingung erlaubt es, dass Ablöseeffekte zwischen den beiden Werkstoffen ausgeschlossen werden. Die Reibung zwischen dem Verbund und den Werkzeugen wurden standardmäßig für Schmiedeprozesse festgelegt [8]. Die während des Umformprozesses eingesetzte Wärme hat einen wesentlichen Einfluss auf die Materialeigenschaften und folglich auf das Ergebnis des Umformprozesses. Somit erfolgte die Definition des Wärmeübergangs zwischen René 41 und dem 42CrMo4 basierend auf der Annahme, dass sich der Verbund wie ein einzelnes stoffschlüssig verbundenes Halbzeug verhält. In Anlehnung an relevante Publikationen wurde der Wärmeübergangskoeffizient entsprechend hoch gewählt [9, 10]. Im Falle des vorliegenden Verbundsystems konnte ein sich annähernder Fließspannungsbereich bei einer Temperatur des Vergütungsstahlgrundkörpers von 900 °C und 1050 °C bei der Nickellegierung identifiziert werden. Vor diesem Hitnergrund wurden zwei mögliche Erwärmungskonzepte (induktive Erwärmung, Ofenerwärmung), mittels Simulation untersucht. Mit Fokus auf eine spätere Umsetzung in die Praxis, wurde die induktive Erwärmung in den Vordergrund der Betrachtungen gerückt.
In der verwendeten Simulationssoftware ist, im Gegensatz zu einer Erwärmung mittels Ofen, eine induktive Erwärmung als eigenständiges Tool nicht integriert. Es müsste eine elektrisch-magnetisch-thermisch-mechanisch gekoppelte Analyse durchgeführt werden, was Software bedingt nicht möglich ist. Um dieses Hindernis zu umgehen, kann eine derartige Erwärmung mittels einer Wärmeleitung von einem heißeren Bauteil zu einem kälteren simuliert werden. Beide Erwärmungsmethoden wurden im Zusammenhang mit grundsätzlichen Versuchen zum Umformverhalten, als auch mit dem gewählten Demonstrator, analysiert. Die notwendige Maschinenkinematik für die numerische Simulation, erfolgte durch Adaption der spezifischen Maschinenkennwerte der am Fraunhofer Institut vorhandenen Presse, auf der auch die späteren praktischen Versuche durchgeführt wurden. Für die Grundlagenversuche bezüglich des generellen Umformverhaltens von hybriden Werkstoffverbunden wurden axialen Stauchversuche in Form eines 2-dimensionalen Simulationsmodells erstellt. Die verwendete Geometrie basiert auf den Richtlinien des klassischen Stauchversuchs nach Din 5010-6. Durch Ausnutzen von Symmetrieebenen, konnte die Rechenzeit erheblich verkürzt werden. Die Netzgröße wurde für sämtliche Simulationen so gewählt, dass trotz eines sehr feinen Netzes, Ergebnisse in vertretbaren Rechenzeiten generiert werden konnten. Alle getroffenen Annahmen und Parameter für den grundsätzlichen Modellaufbau wurden für die Untersuchungen des Umformverhaltens des Demonstrators übernommen. Zu Beginn der Untersuchung wurde entsprechend der Fließkurven davon ausgegangen, dass der Werkstoff 42CrMo4 eine Temperatur von 900 °C und die Nickellegierung eine Temperatur von 1050 °C besitzt. Für die Stauchversuche wurde eine Werkzeugtemperatur von 100 °C angenommen. Die Geschwindigkeit der Maschine wurde so gewählt, dass sie problemlos in den späteren Experimenten übernommen werden konnte (10 mm/s).
Zur Verifizierung der numerischen Modellierungen wurden am IWU Stauchversuche der hybriden Verbunde durchgeführt. Die Untersuchungen erfolgten mit PTA – auftragsgeschweißten Verbunden, wobei auf eine massive Scheibe aus dem Vergütungsstahl 42CrMo4, eine 4 mm dicke Schicht aus René 41 aufgebracht wurde, aus dieser im Nachhinein zylindrischen Proben mittels Wasserstrahlschneiden herausgetrennt wurden.
Experimentelle Untersuchungen des Verbundes
Zur Charakterisierung der sich einstellenden Mikrostruktur in den Werkstoffverbunden nach den einzelnen Prozessstufen wurden metallografische Schliffe angefertigt, die anschließend einer elektrolytischen Tiefenätzung unterzogen wurden. In der sich anschließenden rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung konnte somit das Mikrogefüge der Nickelbasislegierung bewertet werden. Für die Herstellung fehlerfreier hybrider Werkstoffverbunde, muss eine, den Werkstoffen und Anforderungen angepasste Wärmebehandlung des gesamten Verbundes durchgeführt werden. Diese stellt in den meisten Fällen einen Kompriss für beide Werkstoffe dar, da sie zum bestmöglichen Ergbnis führen soll, ohne die Haftfestigkeit zu beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall musste der Vergütungsprozess des Stahls mit der Ausscheidungswärmebehandlung der Nickelbasislegierung kombiniert werden und das obwohl die jeweiligen Zeit-Temperaturverläufe kaum unterschiedlicher sein könnten. Beim klassischen Vergütungsprozess wird der Stahl bei ca. 840 °C für ca. 1 h gehalten, in Wasser oder Öl abgeschreckt und anschließend bei ca. 550 °C für etwa 1 h angelassen. Im Gegensatz dazu muss die Nickelbasislegierung bei ca. 1100 °C für 1 h lösungsgeglüht und bei ca. 760 °C für 16 h ausscheidungsgehärtet werden, wobei sich jeweils eine Luftabkühlung anschließt. Zu Beginn der Untersuchungen erfolgte eine Charakterisierung der Festigkeit der Nickelbasislegierung René 41 nach verschiedenen Prozessschritten und Wärmebehandlungsparametern, dafür wurden Stauchversuche bei 20 °C und 500 °C durchgeführt. Der Einfluss der Wärmebehandlung auf den Werkstoffverbund wurde mit zwei verschiedenen Zeit-Temperatur-Verläufen untersucht. Bei der Wärmebehandlungsvariante 1 wurde bei 1100 °C Lösungsgegüht mit Luftabkühlung, gefolgt von einer Ausscheidungshärtung für 16 h mit sich anschließender Luftabkühlung. Bei der untersuchten Varinate 2 wurde das Lösungsglühen bei einer Temperatur von 1100°C mit Luftabkühlung, und sich anschließendem Austenitisieren für 1 h mit Wasserabschreckung und einem finalen Anlassen bei 550 °C mit Luftabkühlung untersucht. An dem Ausgangsmaterial als auch an den beiden Wärmebehandlungszuständen (Variante 1 und 2) wurden Härteprüfungen nach Vickers durchgeführt. Zur Ermittlung des Einflusses der Wärmebehandlung auf die Haftfestigkeit zwischen beiden Werkstoffen, wurden Scherversuche durchgeführt, wobei der Zusatzwerkstoff vom Grundwerkstoff an der Fügestelle durch eine kontinuierlich ansteigende Last abgeschert wird. Hierfür wurde eine spezielle Prüfvorrichtung entwickelt und gebaut, welche sich flexibel in Zug-Druck-Prüfmaschinen integrieren lässt.
Demonstrator – Simulation und Experiment
Die Analyse der im Vorfeld betrachteten innermotorischen Bauteile ergab, dass die Oberflächen von Kolben und Ventil besonders großen Belastungen unterworfen sind und somit im Fokus dieses Projekts stehen. Mit dem Ziel die Abgastemperaturen anzuheben und so einen sich anschließenden Katalyseprozess zu ermöglichen, werden die Belastungen auf Kolben und Ventile noch erheblich steigen. Der Kolbenboden ist demzufolge prädestiniert als Demonstrator, um den Nachweis zu erbringen, dass sich die Werkstoffverbunde als potentielles Mittel zur Optimierung von Brennraumkomponenten eignen. Die Umformversuche zur Herstellung der Demonstratorbauteile aus den hybriden Werkstoffverbunden im Rahmen des Projektes „INKOV“ erfolgten am Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz.
Ergebnisse und Diskussion
Bauteile aus hybriden Werkstoffverbunden erfordern speziell abgestimmte und optimierte Prozessschritte zur Herstellung eines festhaftenden und fehlerfreien Verbundes, welcher sich anschließend defektfrei umformen und weiterverarbeiten lässt. In umfangreichen Versuchsreihen wurden die Eigenschaften der auf die verschiedenen Weisen hergestellten Verbunde untersucht und bewertet. Aufbauend auf den Ergebnissen aus den Grundlagenversuchen, wurden Demonstratorbauteile hergestellt, welche durch zahlreiche Tests ihre Eignung als Hochleistungsmotorkomponenten nachweisen mussten und auch konnten. Im Verlauf des Projekts wurden die mechanischen Eigenschaften der Schicht in verschiedenen Zuständen ermittelt. Im ersten Schritt wurde dafür der Stauchversuch verwendet. Im geschweißten Zustand lag die Stauchgrenze Rp0,2 bei 20 °C bei nur 540 MPa (blau). Durch einen sich anschließenden Umformschritt konnte die Stauchgrenze auf 660 MPa (orange) gesteigert werden. Als noch wirkungsvoller erwies sich eine Wärmebehandlung nach folgendem Regime: Schweißen Erwärmung auf 1100 °C + Halten für 1 h Luftabkühlung Erwärmen auf 760 °C + Halten für 16 h Luftabkühlung. Auf diese Art und Weise konnten die Werte der ermittelten Stauchgrenze auf 740 MPa (grau) angehoben werden. Eine Steigerung dazu stellte die Kombination aus Umformung und Wärmebehandlung dar. Mit 870 MPa (gelb) wurden die Höchstwerte dieser Versuchsreihe erzielt. Um Aussagen zum Werkstoffverhalten unter Bedingungen wie sie am späteren Einsatzort vorliegen treffen zu können, wurden die gleichen Versuche bei 500 °C durchgeführt. Hier wurde die Bedeutung einer effektiven Wärmebehandlung deutlich. Sowohl bei dem geschweißten als auch bei dem geschweißten und geschmiedeten Zustand sinkt die Stauchgrenze ohne entsprechnde Wärmebehandlung bei einer Stauchtemperatur deutlich auf 440 MPa bzw. 480 MPa ab. Durch die Wärmebehandlung bleibt das eingestellte Festigkeitsniveau auch bei erhöhten temperaturen erhalten. Zu begründen ist dies mit der Bildung von temperaturbeständigen Ausscheidungen während des Wärmebehandlungsprozesses. Inwiefern sich ein Kompromiss aus den verschiedenen Wärmebehandlungen vom Stahl des Grundkörpers und der Nickellegierung auf die Stauchgrenze der Deckschicht auswirkt, wird mit der grünen Säule in der nachfolgenden Abbildung 2 dargestellt. Mit dem Regime: Lösungsglühen bei 1100°C + Halten für 1h Luftabkühlung Austenitisieren bei 840°C + Halten für 1h Wasserabschreckung Anlassen bei 550°C + Halten für 1h Luftabkühlung, konnte die Stauchgrenze bei 20 °C auf 810 MPa bzw. bei 500 °C auf 730 MPa angehoben werden. Das die Wärmebehandlungsparameter für die Nickelbasislegierung nicht ganz optimal waren, zeigte sich in dem leichten Verlust der Warmfestigkeit.
Dennoch ist es notwendig, auch den Vergütungsschritt des Stahls im Wärmebehandlungsprozess mit zu berücksichtigen, wie sich in den ermittelten Werten der Haftfestigkeit (siehe Abbildung 3) zeigt. Die Haftfestigkeit des Werkstoffverbundes in den verschiedenen Zuständen, analog denen im Stauchversuch, wurde mit Hilfe eines Scherversuchs ermittelt. Nach dem PTA-Schweißen lag die Haftfestigkeit der Deckschicht bei 550 MPa (blau). Durch die Umformung des Verbundes steigt die Haftfestigkeit auf 600 MPa (orange). Die sich anschließende Wärmebehandlung, die für die Nickelbasislegierung optimal wäre, wirkt sich jedoch ungünstig die Haftfestigkeit aus, so dass lediglich Werte von 510 MPa (gelb) ermittelt wurden. Führt man stattdessen das auf den Werkstoffverbund optimierte Wärmebehandlungsregime durch, kann die Haftfestigkeit auf bis zu 720 MPa (grün) gesteigert werden. Die Härte von René 41 betrug 330 HV10 und die des 42CrMo4 300 HV10. Wird das Wärmebehandlungsregime für die Nickelbasislegierung optimal ausgeführt, waren Härten von 352 HV10 erreichbar, jedoch sank im gleichen Zuge die Härte des Stahls auf 184 HV10, sodass auch der gesamte Verbund an Haftfestigkeit verlor.
Die Charakterisierung des Umformverhaltens des Werkstoffverbunds erfolgte im Stauchversuch. In der FEM-Berechnung konnte entgegen der Realversuche ein Temperaturgradient zwischen den Verbundpartnern definiert werden, der für beide Werkstoffe die optimalen Umformeigenschaften garantierte. Der Fokus im Experiment lag auf der Verifizierung der sich einstellenden Geometrie der umgeformten Probekörper. Wie Abbildung 4 zeigt, liegen die Versuchsergebnisse aus beiden Varianten nah beieinander. Trotz gleicher Reibbedingungen im Stauchwerkzeug, formte sich der Stahl um die Nickellegierung der Deckschicht. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Fließspannungen beider Werkstoffe bei der eingestellten Umformtemperatur. Über die Möglichkeit, einzelne Elemente während des Umformvorgangs nachzuverfolgen, kann dieses unterschiedliche Werkstoffverhalten mit Hilfe der Simulation grafisch dargestellt werden.
Der Vergleich vom umformend hergestellten Realbauteil mit den Ergebnissen der Umformsimulation wies einen hohen Übereinstimmungsgrad auf (siehe Abbildung 5). In der Wandstäke des Zusatzwerkstoffes sind kaum Abweichungen erkennbar gewesen. Während die Zusatzschicht beim Simulationsmodell gleichmäßig über der zylindrischen Mantelfläche verteilt ist, zeigt sich am realen Bauteil eine Verjüngung der Schichtdicke kurz vor dem unteren Rand.
Zusammenfassung und Ausblick
Das Kernthema des Verbundprojektes „INKOV“ besteht in der Entwicklung dynamisch und thermisch hochbelastbarer Motorbauteile durch den Einsatz spezieller, hybrider Werkstoffverbunde, die den Anforderungen künftiger Großmotorengenerationen gerecht werden, wobei ökologische Belange im Vordergrund stehen. In Auswertung der bisherigen Untersuchungen kann die Aussage getroffen werden, dass hybride Verbunde, bei Beachtung aller technologischen Prozessparameter beim Auftragsschweißen, der Erwärmungsstrategie vor der Umformung, beim Schmiedeprozess selbst und der definierten Wärmenachbehandlung, entsprechend dem zukünftigen Anforderungsprofil für Bauteile in schwerölbetriebenen Großmotoren herstellbar sind. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Umformsimulation ein vielseitiges Werkzeug zur grundlegenden Analyse der Verhältnisse im Verbund darstellen. Mit Hilfe der Simulationssoftware konnte eine geeignete Strategie entwickelt werden, um den Umformprozess von hybriden Werkstoffverbunden realitätsnah abzubilden. Folglich kann durch eine numerische Abbildung des Prozesses bereits in der frühen Phase der Produktplanung und -entwicklung, eine gesicherte Aussage über den Prozessverlauf und die zu erwartenden Eigenschaften des Verbundbauteils getroffen werden.
Literatur
[1] KLOCKE, F., KÖNIG, W.: Fertigungsverfahren 4 – Umformen; Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 5. Auflage, 2006, ISBN 10 3-540-23650-3
[2] LANDGREBE, D.; LEHNERT, T.; SCHUBERT, N.: Hybride Werkstoffverbunde auf Nickelbasis – Lösungsweg Umformsimulation, wt Werkstatttechnik online, 2016
[3] WITTEL, F: Eine kurze Einführung in die Finite Elemente Methode; ETH Zürich, Institut für Baustoffe, 2009
[4] RISSE, A.: Fertigungsverfahren der Mechatronik, Feinwerk- und Präzisionsgerätetechnik, Springer Vieweg Verlag, 2012, ISBN 978-3-8348-1519-4
[5] KOSCH, K.-G: Effizienter Leichtbau durch belastungsangepasste und anwendungsoptimierte Multimaterial-Schmiedebauteile, Leibniz Universität Hannover, Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen, 2012
[6] PAN, Q. L.; Li, B.; Wang, Y.; ZHANG, Y. W.; YIN, Z.M.: Characterization of hot deformation behavior of Ni-base superalloy Rene´41 using processing map, Materials Science and Engineering A (585), 2013, 371-378
[7] LI, J.; WANG, H. M.; TANG, H. B.:Effect of heat treatment on microstructure and mechanical properties of laser melting deposited Ni-based superalloy Rene´41, Materials Science and Engineering A (550), 2012, 97-102
[8] LANGE, K., NOLKEMPER-MEYER, H.: Gesenkschmieden, Springer-Verlag, 1977
[9] KITTNER, K.; BINOTSCH, C., AWISZUS, B.; LEHMANN, T.; STOCKMANN, M.: Herstellungsprozess zur Erzeugung schädigungsarmer Al/Mg-Verbunde und Analyse der mechanischen Grundeigenschaften sowie der Interfacefestigkeit, Materialwissenschaft und Werkstofftechnik,41 No.9, 2010
[10] FEUERHACK,A.; BINOTSCH, C.; AWISZUS, B.; WOLFF, A.; BRÄMER, C.; STOCKMANN, M.: Materialeigenschaften und Formänderungsvermögen von stranggepressten Al-Mg-Verbunden in Abhängigkeit der Temperatur, Materialwissenschaft- und Werkstofftechnik, 43 No.7, 2012