Indoor Photovoltaik

Dr. Diana Freudendahl, Dr. Heike Brandt, Dr. Ramona Langner

Klima und Energie sind aktuell zwei zen­trale Themen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Dies spiegelt sich auch im Bereich der Forschung und Entwicklung damit verbundener Technologien wider. Als nachhaltige Systeme zur Stromerzeugung spielen hier auch die verschiedenen Formen der Photovoltaik (PV) eine besondere Rolle. Bei dem speziellen Anwendungsbereich der Indoor Photovoltaik (IPV) werden Solarzellen in Innenräumen genutzt, in denen gedämpftes Tageslicht sowie Licht aus künstlichen Quellen (z. B. Glühlampen, Halogenlampen, Leuchtstofflampen und LED-Lampen) vorherrschen. Neben einer deutlich geringeren Lichtintensität (200-1000 Lux, Sonnenlicht: ~100.000 Lux), handelt es sich auch um Licht mit spezifischen Wellenlängen, die ausschließlich im sichtbaren Bereich liegen und deren Absorption bei herkömmlichen Solarzellen weniger gut ausgeprägt ist. Die IPV hat die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, weil sie eine nachhaltige Energiequelle für die Stromversorgung z. B. von kleinen und kleinsten Verbrauchern in Innenräumen darstellen kann. Gerade in Gebäuden wie beispielsweise Krankenhäusern, Polizeiwachen oder Forschungs- und Bildungseinrichtungen ist das Licht bis zu 24 Stunden am Tag an. Hier könnten zum Beispiel Sensoren für Temperatur, Luftfeuchte, CO2 oder tragbare Elektronik dauerhaft mit IPV betrieben werden.

Aufbau und Funktionsweise dieser IPV-Technologien sind sehr ähnlich denen der Photovoltaik im Freien. In der Regel absorbiert ein Halbleiter die Lichtteilchen (Photonen) und generiert so Ladungen, die sich dann in entgegengesetzter Richtung aus dem Halbleiter heraus zu den zwei Elektroden bewegen und damit einen externen elektrischen Strom und eine Spannung liefern. Aus den speziellen Lichtverhältnissen in Innenräumen resultieren jedoch besondere Anforderungen an die optoelektronischen Komponenten der IPV-Technologien sowie deren Betrieb. Ein wichtiger Wert ist dabei der sogenannte PCE-Wert (Power Conversion Efficiency), der das Verhältnis von Ausgangs- zu Eingangsleistung abbildet und mit dem die Energieeffizienz der Zellen ausgedrückt wird.

Im Außenbereich werden vor allem Silizium-basierte Dünnschichtsolarzellen eingesetzt. Eine bestimmte Form dieser Solarzellen, sogenannte amorphe (α-) Si­li­­zium-Solarzellen, sind aufgrund ihrer günstigen Herstellung (z. B. mittels des Rolle-zu-Rolle-Verfahrens) jedoch auch für den Innenbereich interessant. Einige experimentelle Zellen erreichten bereits einen PCE-Wert von über 17 %. Potenziell effizientere Anpassungen an die spezifischen Anforderungen im Innenbereich könnten jedoch mit Solarzelltypen der sogen. dritten Generation erreicht werden, darunter Farbstoffsolarzellen (DSSC), organische Solarzellen (OSC), Quantenpunktsolarzellen (QDSC) und Perowskit-Solarzellen (PSC).

Die Funktionsweise von Farbstoffsolarzellen (auch: Grätzelzellen) ähnelt stark vereinfacht dargestellt der pflanzlichen Photosynthese. Seit Grätzel erstmals über DSSC mit einem PCE-Wert von über 7 % berichtete, wurden sowohl bei DSSC für den Außen- als auch für den Innenbereich enorme Fortschritte erzielt. Beiträge dazu lieferten die Synthesen neuartiger Farbstoffe und die Optimierung des Halbleitermaterials sowie der Elektrolyte. Im Hinblick auf DSSC für Innenräume scheinen insbesondere neue Gel- oder Festkörperelektrolyte die Effektivität stark zu verbessern. So wurde kürzlich von Steigerungen der PCE-Werte auf bis zu 15 % bzw. 20 % berichtet. Auch durch die Optimierung des Zellaufbaus konnten die Leistungen von DSSC gesteigert werden, wobei dadurch für einzelne Zellen sogar PCE-Werte von über 30 % gemessen werden konnten.

Unter Sonneneinstrahlung zeigen organische Solarzellen derzeit noch eine deutlich schlechtere photovoltaische Leistung im Vergleich zu anorganischen PV-Technologien. Studien haben jedoch gezeigt, dass OSCs in Innenräumen Licht aus nicht-natürlichen Quellen potenziell effizienter in Strom umwandeln können als ihre anorganischen Gegenstücke. Ein besonderer Vorteil liegt z. B. darin, dass sie durch eine sorgfältige Materialauswahl und Auslegung der Zellen spezifisch auf die im Inneren verwendeten Lichtquellen abgestimmt werden können. Gemessene PCE-Werte liegen mittlerweile bereits deutlich über 20 %. In Simulationen werden sogar PCE-Werte von 40 % vorhergesagt. Zudem sind OSC-Module besonders leicht und besitzen eine sehr hohe mechanische Flexibilität.

Quantenpunktsolarzellen stellen die neuste Entwicklung im Bereich der IPV dar. Sie nutzen kolloidale Quantenpunkte, also synthetisierte Halbleiter-Nanokristalle mit einer Größe von in der Regel weniger als 10 nm. Diese erlauben es in Abhängigkeit ihrer Form und Größe, spezifische elektrische und optische Eigenschaften einzustellen, wie Lichtabsorption, Stabilität und Ladungsträgerbeweglichkeit. Obgleich bisher noch keine reinen QDSC für den Innenbereich entwickelt wurden, wurde mit ersten hybriden organischen oder anorganischen Quantenpunktsystemen für diesen Einsatzzweck experimentiert. Die bisher erhaltenen PCE-Werte liegen größtenteils noch unter 10 %. Bei 2000 Lux Bestrahlungen konnten mit Metall-Hybriden jedoch bereits knapp unter 20 % PCE erreicht werden. Schließlich wurden auch die relativ weit entwickelten Perowskit-Solarzellen für den Innenbereich optimiert. Hierbei konnten bereits zu Beginn der Forschung PCE-Werte von deutlich über 20 % erreicht werden. Die verwendeten Materialien können prinzipiell ebenfalls für künstliche Lichtquellen optimiert werden, so dass heute in experimentellen Aufbauten bereits PCE-Werte von über 30 % gemessen werden konnten.

Auch wenn insbesondere in den letzten 10 Jahren sehr gute Fortschritte im Bereich IPV erreicht wurden, ist es immer noch eine große Herausforderung hocheffiziente Solarzellen für Innenräume zu entwickeln. Beispielsweise müssen IPV ihre teilweise bereits guten Effizienzen unter Laborbedingungen auch unter Betriebsbedingungen erreichen. Die Optimierung von IPV Ansätzen ist zudem stark von den Zell­materialien und dem gesamten Design der Geräte abhängig. Auch die jeweiligen spezifischen Vor- und Nachteile sind gegeneinander abzuwägen. Zum Beispiel sind im Vergleich zu IPVs auf Si-Basis DSSC und OSC tendenziell kostengünstiger und leichter herzustellen. Allerdings kann bei DSSC beispielsweise die Verwendung von teuren Farbstoffen auf Ruthenium-Basis ein Problem darstellen. OSC hingegen besitzen derzeit noch Einschränkungen in Bezug auf die Zersetzung der aktiven Schicht aufgrund z. B. der Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit, Sauerstoff und UV-Licht. Da QDSC sich noch in einer relativ frühen Entwicklungsphase befinden, lässt sich ihre tatsächliche Anwendung im Bereich IPV nur schwer einschätzen. PSC schließlich sind sicherlich aktuell die aussichtsreichsten Kandidaten in Bezug auf die Innennutzung. Aufgrund der Verwendung von Blei sind sie jedoch auch nicht unumstritten.

Neben den erwähnten beispielhaften Herausforderungen einzelner Zelltypen, fehlen auch noch standardisierte Messprotokolle in Bezug auf die Lichtverhältnisse in Innenräumen, die unter anderem die Art der Lichtquelle, Intensitäten und Wellenlängen berücksichtigen. Studien zur Langzeitstabilität einzelner Module für diesen Anwendungszweck sind bislang ebenfalls nur vereinzelt zu identifizieren. Dennoch wurden bisher viele Fortschritte in der IPV erreicht und es besteht kein Zweifel daran, dass die IPV-Technologien in Zukunft marktreif realisierbar sind.

Fraunhofer Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen
Appelsgarten 2, 53879 Euskirchen
berichtet in jeder Ausgabe exklusiv über Werkstofftrends

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